gehen in der wüste
Anstelle einer persönlichen Einführung zu diesem ganz besonderen Buch (foto: andreas görres) mit großartigen Photographien und weit ausgreifenden und nachdenklichen Texten, wird im Folgenden Otl Aichers vorbemerkung (S. 7) als Ganzes widergegeben. Nur soviel noch vorab:
Dies ist kein Buch, das man vorne beginnen und linear durchlesen sollte, sondern eines, in dem man blättern und stöbern kann und dabei immer wieder Neues entdeckt. Manche Texte eröffnen dabei einen eigenen Zugang zur Schönheit der Fotos.
gehen in der wüste, 1982 (foto: andreas görres)
mit freundlicher genehmigung: © s. fischer verlag, frankfurt am main
wüstengänger
eine vorbemerkung
dieses buch hätte eigentlich gar nicht entstehen sollen, es ist als buch nie geplant gewesen. es ist das protokoll von den unternehmungen dreier wüstengänger, die entweder allein, zu zweit oder zu dritt sich ein bestimmtes gebiet der sahara ausgesucht und in vielen fußmärschen zu eigen gemacht haben.
aber auch als protokoll war es nicht geplant. es sind notizen zufälliger art, beliebig entstanden, und auch das fotomaterial wäre austauschbar, so viel ist vorhanden.
so gesehen, hat das buch keinen autor im strengeren sinn. es ist das buch dreier personen.
da ist eberhard stauß, ein architekt aus münchen, mit dem ich seit jahren beruflich zusammenarbeite. er ist ein geborener trapper. ihm gehört die welt, solange er ein taschenmesser, eine schachtel streichhölzer und ein stück schnur in der hosentasche hat er beherrscht die kultur des einzelgängers und steht sich selbst selten im wege.
dann ist da manuel aicher, der jüngste aus unserer familie, aber schon nicht mehr mein filius, sondern seine eigene person. auch er ein alleingänger und somit ausgestattet mit dem, was die wüste zuerst erfordert: ständige beobachtung, verbissene reflexion und hartnäckigkeit gegen sich selbst. manuel studiert zur zeit jura.
dann bin ich zu nennen, ein grafiker, bei dem als dem ältesten die faszination der wüste allerdings langsam an die grenze seiner physischen möglichkeiten stößt, obwohl er lieber heute wieder aufbrechen würde als morgen. vor jahren musste ich einmal allein ein stück wüste durchqueren. das kann einen für sein ganzes leben fesseln, ich habe damals den schönsten ort der erde gefunden, den ich kenne, mitten in der wüste.
so fing es an. die faszination ist geblieben.
die wüste ist eine denklandschaft. man geht nicht nur zwischen dünen, man geht auch in seinem eigenen denken umher, man macht gedankengänge im gehen verändert sich die landschaft von bild zu bild. es verändert sich auch der gedankenhorizont. das auge zieht es mal hier, mal dort hin, auch die gedanken wildern umher. man wirft sie hinaus, als entwürfe.
so ist ein nicht eigentlich geschriebenes buch entstanden. es hat keinen anfang, kein ende, keinen roten faden. man mag deshalb auch nachsichtig sein einer typographie gegenüber, die verschlungen ist wie ein gang durch dünen.
analog und digital | die welt als entwurf | gehen in der wüste | innenseiten des krieges | kritik am auto |
Tags: gehen in der wüste 1982